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Aerodynamik
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Fahren im Windschatten
Das Fahren im Windschatten ist eine wichtige
Technik bei Radrennen auf der Straße.
Paul Doherty vom
wissenschaftlichen Beirat
des Exploratoriums meint dazu: "Wenn ein Fahrradfahrer
sich durch die Luft bewegt, erzeugt er hinter sich einen Kielsog
mit starken Turbulenzen. Es entstehen Verwirbelungen. Diese
Verwirbelungen sehen so aus, dass hinter dem Fahrer eine Zone
mit Unterdruck entsteht und ein Bereich von Windströmen,
die sich mit ihm mitbewegen. Wenn man hinter einem Radfahrer
herfährt und es gelingt einem, sich in den Windschatten
des Vordermannes zu manövrieren, kann man daraus einen
Vorteil schlagen. Der Unterdruck zieht einen mit und die Wirbel
schieben einen vorwärts."
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Paul Doherty vom Explotatorium
erläutert die Vorteile des Fahrens im Windschatten
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Erstaunlicherweise ist das Fahren
im Windschatten nicht nur für den Hintermann günstig,
sondern hat es positive Effekte für den Vordermann. Paul
erklärt: "Das Interessante ist, dass der Vordermann
ebenfalls davon profitiert, wenn man die Wirbel hinter ihm auffüllt.
Das bedeutet, dass zwei Leute, die den Windschatten ausnutzen,
weniger Energie brauchen, um eine bestimmte Strecke in einer gewissen
Zeit zurückzulegen, als zwei Leute, die dieselbe Strecke
unabhängig voneinander fahren." Obwohl die vordere Fahrerin
von dieser Formation auch ein wenig profitiert, ist ihr Energieverbrauch
dennoch bedeutend höher als der Energieverbrauch der ihr
folgenden Fahrerin.
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Die Tour de France: Das große Rennen
Beim weltweit größten und schwersten aller
Radrennen, der Tour de France, spielt die Aerodynamik
eine enorme Rolle. Mit ihrer in drei Wochen täglichen
Rennfahrens zu absolvierenden Gesamtstrecke von 4.000
km ist "Die Tour" eine echte Nagelprobe für
die Schnelligkeit, die Strategie und das Herz der Fahrer.
Zumeist sind die Fahrer in einer Formation unterwegs,
dem "Peloton", das einen enormen Windschatten
produziert. Auf den täglichen "Etappen"
konkurrieren die Fahrer untereinander und mit der bergigen
Landschaft der Alpen und der Pyreneen. Solche Etappen
dauern sechs bis acht Stunden und haben eine Länge
von 145 - 240 km. Radrennfahrer können bis zu 10.000
Kalorien am Tag verbrennen. Sieger wird schließlich
der Fahrer mit der kürzesten Fahrzeit über
sämtliche Etappen. Pedro Delgado, Gewinner der
Tour de France von 1988, hat beschrieb dieses Rennen
so: "Es ist der Krieg der Radfahrer. So nennen
wir es jedenfalls."
Während die Aufstiege in den Alpen und den Pyreneen
kräftezehrend und zermürbend sind,
verhindern die tückischen Böen, die über
die Ebenen Frankreichs fegen, dass das Flachland eine
Atempause bietet. Sie können einen einzelnen Radfahrer
zum Stillstand bringen. Unter solchen Umständen
fächert die Gruppe sich in eine diagonale Linie
auf, den sogenannten "Echelon". In dieser
Diagonale trotzen die vordersten Fahrer dem Wind, während
die folgenden Fahrer im Windschatten fahren und sich
dafür rüsten, ihrerseits die Führungsarbeit
zu übernehmen.
Die Länge eines Echelons ist abhängig von
der Straßenbreite, so dass sich hinten in der
"Gosse" ein heftiger Streit um die letzten
Plätze im Echelon entspinnt. Da die Fahrer innerhalb
des Echelons 15 - 30% vom Windschatten profitieren,
kann das Dabeisein den Unterschied zwischen einer Gewinnchance
und einer zwecklosen Hatz bedeuten.
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Beim Mountainbiking scheint der Windschatten
nicht so entscheidend zu sein.
Ruthie Matthes, die US Meisterin im Cross Country Fahren, bestätigt
diese Vermutung: "Beim Mountainbiking spielt der Windschatten
eigentlich keine Rolle. Die Geschwindigkeiten sind langsamer
(als bei Straßenrennen) und der Rollwiderstand ist größer.
Unter mentalen Gesichtspunkten hat das Fahren im Windschatten
sicherlich seine Vorteile, um mit jemandem Schritt zu halten,
der vor einem fährt. Aber wenn es darum geht, Kräfte
zu sparen, ist es eigentlich kein echter Faktor."
Neben dem größeren Rollwiderstand und den geringeren
Geschwindigkeiten sei es vor allem das kurvenreichen Auf und
Ab der Mountanbiking-Parcours, das ein Windschattenfahren extrem
schwierig machen würde.
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Ruthie Matthes über das
Windschattenfahren beim Mountainbiking
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Liegeräder und HPV's
Es ist nicht immer möglich, den Windschatten
zu nutzen, und seine Vorteile sind auch begrenzt. Die einfachste
Art, dem Gegenwind auszuweichen und den Zug zu verringern, ist
es, selbst stromlinienförmiger zu werden. Im Liegerad-Design
tritt der Fahrer aus einer sitzenden Haltung in die Pedale,
wodurch das Fahrrad ein niedrigeres Profil erhält und aerodynamisch
günstiger wird. Liegeräder gibt es schon seit über
hundert Jahren, und dennoch sind sie nie so populär geworden
wie die aufrechten Sicherheitsfahrräder, deren Erscheinungsbild
nach wie vor dem entspricht, was die meisten von uns sich unter
einem Fahrrad vorstellen.
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Durch menschliche Kraft angetriebene
Fahrzeuge (HPVs - Human ) waren besonders in den 70er Jahren ziemlich
populär. Während dieses Jahrzehnts erlebte das Fahrrad
eine Renaissance, nicht zuletzt aufgrund der zwei Ölkrisen,
die in der Öffenlichkeit das Bewusstsein für alternative
Transportmöglichkeiten schärften. Die meisten HPV's
haben ein liegendes Design und eine Leichtgewichts-Verkleidung,
um das Fahrzeug stomlinienförmiger zu machen und die Hautreibung
zu verringern. HPV's können sehr schnell werden. Der Weltrekordhalter
über die
200 m
Strecke hatte
eine Geschwindigkeit von mehr als 110 km/h (68 m/h).
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Ein selbstgebautes Liegerad
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Liegeräder haben etliche Geschwindigkeits-
und Langstreckenrekorde gewonnen und besitzen auch einen guten
Fahrkomfort. Liegeräder sind so effizient, dass sie oft von
Teilnahme an Rennen ausgeschlossen werden, aus Angst, die Fahrer
der Räder in der herkömmlichen Sicherheits-Bauweise
wären sonst benachteiligt. Doch haben auch die Liegeräder
ihre Nachteile. Einer davon ist der Preis: Liegeräder sind
keine Massenprodukte und daher teurer als traditionelle Fahrräder.
Ferner sind Liegeräder im Straßenverkehr nur schwer
zu sehen - die meisten Fahrer benutzen eine orangene Flagge, so
dass sie den Autofahrern besser auffallen.
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Aerodynamik
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©1997-99 Das
Exploratorium
Übersetzung:
Andrea
Bandelli
/
newMetropolis
- nachgesehen
von
Eckhard Stasch
/
institut pm
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